Im Februar 2009
Gerne nimmt die SP Bern-Nord Stellung zu den ihr Sektionsgebiet betreffenden Abschnitten des Berichts zur Aareraumplanung.
1. Grundsätzliches
1.1 Verhältnis zum Mitwirkungsbeitrag der SP der Stadt Bern
Wir verweisen ergänzend auf den Mitwirkungsbeitrag der SP der Stadt Bern. Der vorliegende Beitrag setzt sich vor allem mit dem Aareraum im Bereich des Stadtteils V auseinander.
1.2 Verbindlichkeit der Aararaumplanung
Diese Planung – wie auch vorangehende Planungen im Bereich Freiraum – sind qualitativ hoch stehend. Im Kontrast dazu stellen wir fest, dass der Freiraum bei Interessenkollisionen in der Stadt Bern allzu oft hinten an gestellt wurde. Insbesondere erinnern wir uns an einen „Bericht Allmenden“ aus den Jahren 1971/72, welcher durch die bauliche Entwicklung des Messeplatzes Bern und seiner Umgebung richtiggehend pulverisiert worden ist. Wir hoffen, dass die vorliegende Planung mehr Gewicht haben wird.
Durch die von der SP geforderte, zonenrechtliche Sicherung von Teilen dieser Planung und der Einstellung einer Auswahl von Massnahmen im Finanzplan, könnte die Stadt Bern den Tatbeweis dafür erbringen, dass sie die Freiraumplanung genauso stark gewichtet wie andere Planungen.
1.3 Konflikte dieser Planung mit gewissen Nutzungen
Der Aareraum kann bis heute zu einem grossen Teil mit einer Allmend verglichen werden. Diese Eigenschaft muss erhalten bleiben, oder dort, wo sie verloren ging, ist sie möglichst wieder zurück zu gewinnen. Wir legen Wert auf eine möglichst breite Nutzung mit Naherholungscharakter. Das heisst, dass einerseits die Anzahl Parkplätze im Aareraum reduziert und andererseits die Zugänglichkeit für zu Fuss Gehende verbessert werden muss. Privatisierungen jeder Art von Teilen des Aareraumes lehnen wir ab. In Frage käme höchstens ein zusätzliches Restaurant an der Aare, freilich ohne Beeinträchtigung des freien Zuganges zur Aare (negatives Beispiel: das Restaurant bei der Fähre Reichenbach).
a) Wasserfahrer
In den 80er Jahren stellte die Stadt Bern im Rahmen des See- und Flussufer- Gesetzes (SFG) ein sehr interessantes Projekt zur Diskussion: Zwischen dem Lorrainebad und dem Gassner-Areal sollte die rigorose Kanalsituation der Aare aufgebrochen und ein natürlicherer Zustand des Aareufers angestrebt werden. Insbesondere sollte eine kleine Insel mit einem zusätzlichen kleinen Aarelauf geschaffen werden. Die Wasserfahrer haben dagegen opponiert und die Stadt verzichtete in der Folge auf die Umsetzung dieses Projektes. Wir hoffen, dass sich solches bei der vorliegenden Planung nicht wiederholt. Es darf nicht sein, dass partikuläre Interessen (Aare als Sportnutzung) ein derartiges Gewicht erhalten. Deshalb wundern wir uns über die Tatsache, dass Konflikte dieser Art im Bericht nicht explizit thematisiert worden sind.
b) Veloverkehr/Autoverkehr
Zum Konflikt Fussgängerverkehr/Veloverkehr im Aareraum müssen Lösungen vorgeschlagen werden. Im Rahmen des Projekts Hochwasserschutz zwischen Thun und Bern wird versucht in dieser Thematik eine einheitliche Lösung zu finden. Es wäre sinnvoll, wenn die Stadt Bern ihre Lösung mit diesem Projekt koordiniert. Wir schlagen vor, die Uferwege so herzurichten, dass Velofahrende und zu Fuss Gehende reibungslos miteinander den Weg benutzen können. Wir stellen uns vor, dass dies an mehreren Stellen eine Verbreiterung des Fussweges zur Folge hat. Diese Massnahmen sind zumindest auf einer Uferseite zu verwirklichen, solange die finanziellen Ressourcen oder die Machbarkeit es nicht auf beiden Uferseiten zulassen. Wir sind uns bewusst, dass es wenige sehr Publikumsintensive Abschnitte (bspw. auf der Höhe Tierpark) gibt, die für eine generelle Veloöffnung nicht geeignet sind. Das heutige generelle Fahrverbot für Velofahrende ist aber auf anderen Abschnitten (bspw. zum Lorrainebad, oder vom Camping Eichholz in die Stadt) nicht mehr zeitgemäss. Ergänzend zu Verbreiterungen des Weges könnte wir uns auch Lösungen, nach dem Vorbild von Thun vorstellen: Veloverbote an Tagen und zu Zeiten mit hohem Fussgängeraufkommen, in den übrigen Zeiten kein Verbot. Zwischen dem Altenberg und dem Lorrainebad müssen Velos jedoch zu allen Tageszeiten zirkulieren können.
Das Zufahrts- und Parkverbot für Autos muss baulich gesichert werden. Im Bereich des Uferweges (Restaurant Altenberg) werden momentan regelmässig Autos direkt am Rand des Uferweges abgestellt.
Im Folgenden nehmen wir Stellung zum Handlungsbedarf und zu Massnahmen im gleichlautenden Kapitel des Berichts.
2. Neue Fusswegverbindungen
Wir begrüssen ausdrücklich alle fünf Massnahmen, die den Stadtteil V betreffen:
2.1 Aaresteg Engehalde (Nr. 10):
Wichtig scheint uns, dass diese Verbindung auch für Velos offen sein wird.
2.2 Anbindung des Lorraine-Quartiers an die Aare verbessern (Nr. 11)
Der Zugang mit Handlungsbedarf von der Gewerbeschule (Brechbühler-Bau) zu Aare ist leider vergessen worden: Via „Mulde“ (Baulehrhalle der GIBB) führt ein Fussweg parallel zur Lorrainebrücke zur Aare. Zum Teil haben Ausbauten der Gewerbeschule dazu geführt, dass dieser Fussweg nur noch von Ortskundigen begangen wird. Die überbreite Asphaltstrasse im oberen Teil ist für FussgängerInnen wenig attraktiv. Hier könnte ein Teil der Strasse mit einem fussgängerfreundlicheren Naturbelag versehen werden. Der untere Teil „im Wald“ ist attraktiver, aber schwer zu finden. Mit einer guten Signalisation könnte hier viel erreicht werden.
2.3 Lorrainesteg (Nr. 12)
Wir gehen davon aus, dass es sich dabei um einen Steg auf Aareniveau handelt und nicht um die im Agglomerationsprogramm enthaltene Velo/Fussverkehr-Hochbrücke. Dieser Steg ist ein altes Anliegen und wäre sehr zu begrüssen. Auch hier wäre eine Lösung für Velofahrende und zu Fuss Gehende zu realisieren.
2.4 Uferweg Altenberg (Nr. 13)
Hier müsste die Aufwertung des Uferweges mit der Wiederaufnahme der Planung zum SFG aus den 80er Jahren (vgl. 3.1) kombiniert werden. Da auch die neue Liegewiese des Lorrainebades im gleichen Bereich geplant wird, können gleich drei spannende Neuanlagen kombiniert werden. Wichtig scheint uns in diesem Zusammenhang, eine wirksame Fernhaltung von motorisierten Zweirädern vorzusehen.
2.5 Neuer Panoramaweg beim Salemspital (Nr. 14)
Die SP Bern-Nord hat schon bei der Mitwirkung zum Richtplan Fuss- und Wanderwege einen Fussweg auf halber Höhe parallel zur Hangkante gefordert. Deshalb begrüssen wir es, dass ein solcher Weg im Bericht enthalten ist. Für uns ist offen, ob eine Wegführung, die in die Oranienburgstrasse mündet, die beste Lösung ist. Wir favorisieren eher einen Weg, welcher etwas tiefer geführt, in die Lerberstrasse mündet. Diese Route ist heute schon entlang der Gärtnereieinrichtungen begehbar. Ein eigentlicher Weg besteht freilich noch nicht. Die Erstellung eines Weges wäre jedoch sehr einfach. Unser Vorschlag der Wegführung kollidiert allerdings mit einem Projekt aus Kapitel 4 des Berichtes „Potentielle Ergänzung des Siedlungegebietes“. Wie später dargelegt wird, lehnen wir die Realisierung eines „Villengürtels“ am Aarehang unterhalb des Salemspitals ab.
2.6 Neue Möglichkeiten von Panoramawegen
Den Vorschlag „Neuer Panoramaweg beim Salemspital (Nr. 14)“ begrüssen wir sehr und möchten diesen gerne noch weiter entwickeln. Wir denken an einen Weg zwischen Lorrainebad und Eisenbahnbrücke, welcher weiter oberhalb des Gassner- Areals bis zu Lehrhalle in der „Mulde“ (vgl. oben) geführt wird. Von dort könnte der Weg unter der Lorrainebrücke in einen neuen Zugang zum Botanischen Garten münden. Eine Panorama-Wegverbindung vom Botanischen Garten unter der Kornhausbrücke bis ins Salem-Areal scheint aus heutiger Sicht schwierig, müsste aber geprüft werden. Vielleicht ergäben sich aber Teilstücke, aus denen zusammen mit bestehenden Quartierstrassen ein attraktiver Fussweg parallel zur Aare resultieren würde.
2.7 Lift im Bereich Kornhaus- oder Lorrainebrücke
Um den Aareraum besser an den öV anzubinden, begrüssen wir zusätzliche Vertikalbzw. Schräglifte wie sie im Bericht erwähnt werden. Aus Quartiersicht ist insbesondere ein Verbindung wünschenswert, welche die Ebene nördliche Hangkante im Bereich Kornhaus-/Lorrainebrücke mit dem Aareniveau verbindet. Wir begrüssen eine Variante, in der Nähe einer öV-Haltestelle, die von Rollstuhlfahrenden, Eltern mit Kinderwagen und Velofahrenden benutzt werden kann. Damit könnte nicht nur eine öV-, Velo- und Fussverkehr-Netzlücke geschlossen werden, sondern wie im Bereich Kirchenfeldbrücke ein Restaurant (Altenberg) und zusätzlich zahlreiche BewohnerInnen im Altenberg / Rabbental erschlossen werden. Wir fordern, dass ein solcher Lift (analog zum Lift Kirchenfeldbrücke) in den Massnahmekatalog aufgenommen wird.
3. Neugestaltung und Aufwertung öffentlicher Fusswegverbindungen
3.1 Wehrweg (Nr. 1)
Mit diesen Massnahmen sind wir mit Einschränkungen einverstanden. Die Verbreiterung scheint uns heikel, wegen der physischen Zufahrtsmöglichkeit von PW’s. Es müssten bauliche Massnahmen getroffen werden, damit Autos keinen Zugang zum Wehrweg haben. Der bestehende Asphaltbelag ist für zu Fuss Gehende unattraktiv. Die Verbreiterung würde die Chance eröffnen, einen Teil des Weges mit Naturbelag auszustatten. Das hier gesagte gilt übrigens auch für den Uferweg (vgl. oben). Die Massnahmen sollen die Kanalwirkung der Aare reduzieren. Das Eingangs erwähnte Projekt aus den 80er Jahren (Renaturisierung des Aareufers) böte dazu eine geeignet Grundlage und könnte als Hochwasserschutzprojekt ausgestaltet werden.
3.2 Botanischer Garten (Nr. 2)
Einverstanden. Zusätzlich könnte ein zweiter Zugang zum Botanischen Garten unterhalb der Lorrainebrücke erstellt werden (vgl. 2.6).
4. Neugestaltung und Aufwertung öffentlicher Freiräume
4.1 Liegewiese neben Lorrainebad (Nr. 2)
Diese Massnahme ist aus unserer Sicht zu priorisieren. Sie wurde uns von der Stadt seit längerer Zeit versprochen uns sollte demnach eigentlich längst realisiert sein. Die bestehende Liegewiese in nördlichen Teil des Lorrainebades zeigt auf, dass die Schattenplätze unter den Bäumen sehr gefragt sind. Das heisst, dass auf der neuen Liegewiese möglichst rasch Bäume gepflanzt werden sollten. Die Velozufahrt ab der Altenbergstrasse sollte unabhängig der übrigen Regelungen bezüglich Veloverkehr auf diesem Abschnitt erlaubt werden.
4.2 Schütte Parkanlage (Nr. 4)
Wir befürchten, dass bei einer beabsichtigten parkähnlichen Gestaltung zu wenig Rücksicht auf den Bestand an grossen Bäumen, insbesondere der Eichen, genommen wird.
5. Potentielle Ergänzung des Siedlungsraumes
5.1 Gärtnerei unterhalb des Salemspitals (Nr. 1)
Wir sind etwas erstaunt, im Bericht Aareraumplanung von einem bisher noch nicht diskutierten Projekt zu vernehmen, das in einer Schutzzone eine Überbauung vorsieht und dem Grundsatz dieser Planung diametral widerspricht. Wir lehnen eine Überbauung für schlecht ausgenutzten Wohnraum (Villen) in dieser Form ab. Einer der Gründe ist oben schon genannt: Der Panoramaweg würde durch eine Überbauung auf jeden Fall schwer beeinträchtigt. Der Ersatz der Gärtnerei durch eine parkähnliche Gestaltung wäre dagegen eine grosse Chance, diese einzigartige Hanglage gegenüber heute in einem urbanen Sinne aufzuwerten und für die Öffentlichkeit frei zu geben. Was für uns allenfalls in Frage käme, wären kleinere Bauten mit einem klaren Quartierbezug, nicht aber weitere Spitalbauten.
5.2 Gassnerareal
Dieses Areal ist für den Aareraum von grosser Bedeutung, wird aber leider im Bericht nur am Rande erwähnt. Wir erwarten konkretere Vorschläge für die Aufwertung/ Umnutzung, sowohl was die Gebäude betrifft, als auch für ihre Umgebung.
5.3 Neubau der NMS
Zurzeit entsteht ein Neubau der NMS. Wenn dieser Neubau für zukünftige Bauten im Aareraum beispielhaft gedacht sein sollte, wäre das u. E. ein schlechtes Signal. Wir verstehen nicht, wie man dazu kommt, in einer Schutzzone derart massiv bauen zu lassen.
5.4 Unterwerk von ewb gegenüber dem Lorrainebad:
Hier würde sich auf längere Sicht die Chance ergeben, vielleicht das Umgekehrte von „Potentieller Ergänzung des Siedlungsraumes“ zu realisieren: Ein Rückbau dieses Unterwerkes etwa als unterirdische Neuanlage oder die Verschiebung an einen weniger störenden Ort? Im Bericht haben wir zu dieser Anlage nichts gefunden.
6. Aareraumplanung und Grossprojekte
6.1 Neuer Eisenbahnviadukt?
Bekanntlich ist der Bahnhof Bern an den Grenzen seiner Kapazität angelangt. Es laufen Planungen, die auf einen neuen Tiefbahnhof abzielen. Dabei sind verschiedene Varianten denkbar. Eine dieser Varianten ist aus der Sicht der Aareraumplanung fatal: Ein neuer paralleler Bahnviadukt, der auf der Aareseite parallel zum bestehenden Viadukt geführt würde. Aus Sicht der Aareraumplanung muss sich die Stadt Bern nach unserer Ansicht in die Planung einschalten. Zu Fördern wäre allenfalls eine Alternative: Eine neue Eisenbahnbrücke über die Aare parallel zur bestehenden Autobahnbrücke mit der Weiterführung des Bahntrassees in einem Tunnel unter der Länggasse. Problematisch ist der Umstand, dass die erste Variante mit dem neue Viadukt als einzige planerisch weiter verfolgt wurde und offenbar favorisiert wird. Sicher ist auch eine neue Eisenbahnbrücke über die Aare nicht unproblematisch, sie wäre aber für den Aareraum weitaus das kleinere Übel.
6.2 Neue Hochbrücke für den Fuss- und Veloverkehr
Diese Brücke ist im Velo-Richtplan des Kantons enthalten. Sie findet sich auch im Agglomerationsprogramm, was eine Finanzierung als wahrscheinlich erscheinen lässt. Das heisst, dass die Stadt Bern auch aus der Sicht der Aareraumplanung zu einer solchen Brücke Stellung nehmen müsste. Die SP Bern-Nord ist der Meinung, der verkehrspolitische Nutzen sei höher zu gewichten, als eine allfällige Beeinträchtigung des Aareraumes. Wir hoffen, dass Sie unsere Vorschläge wohlwollend prüfen und in die weitere Bearbeitung der Planung einfliessen lassen.