Im Mai 2016
Während die Innenstädte durch die immer gleichen Filialisten geprägt werden, weil sich immer weniger die hohen Mietzinse leisten können, findet man in den Aussenquartieren viele mutige Jungunternehmerinnen und -unternehmer, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen oder durch originelle Ideen zur Lebendigkeit in unseren Quartieren beitragen. Das zeigt sich schön am Beispiel Berns und des Breitenrains, wo beispielsweise die Gelateria di Berna und die damit verbundene Möblierungs-Aktion des Stauffacherplatzes, das Restaurant Barbière oder die Inneneinrichter Stahlblau und cinq étoiles das Quartier merklich belebt haben.
Alte Feuerwehr Viktoria – Zwischennutzung
Auch die Alte Feuerwehr Viktoria ist ein gutes Beispiel. Die Quartierorganisation DIALOG Nordquartier hat hier Pionierarbeit geleistet, so dass sich nach dem Auszug der Feuerwehr im Dezember 2014 zahlreiche kreative Projekte, u. a. der Gastrobetrieb «Löscher», der Abendmarkt «Allmend», eine Quartierwerkstatt und «heicho» (reparieren statt wegwerfen) eingerichtet haben. Die Nutzung ist begrenzt bis im Januar 2019.
Auf dem Areal sollen dereinst auch Wohnungen entstehen. Was sich so einfach anhört, wurde durch etliche Einsprachen behindert. Hier besteht Verbesserungsbedarf.
Der Reiz des Unfertigen – gesetzliche Rahmenbedingungen
Zwischennutzungen haftet etwas Flüchtiges an. In vielen Städten entstehen Guerilla-, Pop-Up- oder Instant-Stores, die bewusst auf unfertige und improvisierte Ladenkonzepte für eine begrenzte Zeit setzen.
Aber auch kulturelle und sportliche Aktivitäten in Industriebrachen haben immer einen besonderen Reiz. Unsere Stadtberner Bauordnung hat jedoch im Gegensatz zu Thun und Burgdorf keinen Zwischennutzungsartikel. Dieser erlaubt die zonenfremde Nutzung von Gebieten, die noch nicht für eine Neu-Nutzung oder Überbauung reif sind, zum Beispiel die kulturelle und gewerbliche Nutzung einer Industriebrache, wie das Wifag-Areal oder die Freizeitnutzung einer unüberbauten Wohnzone, wie die Centralweg-Brache in der Lorraine. Auch bräuchte es vereinfachte Überzeitbewilligungen für Gastrobetriebe. – Durch die administrativen Stolpersteine werden mutige Unternehmer und kreative Aktivitäten ausgebremst. Jetzt ist es an den Berner Behörden, angemessene und zeitgemässe Rahmenbedingungen zu schaffen.
Lebendige Stadtplanung von unten
Wege entstehen, indem man sie geht. Die Quartierorganisation DIALOG Nordquartier hat mit der Alten Feuerwehr Viktoria eindrücklich bewiesen, welchen Mehrwert solche Zwischennutzungen für die Berner Bevölkerung haben können. Die Quartierbevölkerung nimmt Anteil am Entstehungsprozess und kann sich so besser mit dem identifizieren, was in ihrer Nachbarschaft entsteht. So wird lebendige Stadtplanung von unten praktiziert.