Im Juni 2020
Sicher sind im Moment nur zwei Dinge: das Coronavirus ist noch da und eine Impfung ist noch ausstehend. Ob das «neue Normal» deshalb wirklich normal ist wag ich zu bezweifeln. Zwar werden jetzt allenthalben die Geschäfte geöffnet, die Angebote hochgefahren, die wiedergewonnene Freiheit zelebriert – aber es wird noch eine ganze Weile dauern, ehe sich diese Gesellschaft wieder in einem relativ beschwerdefreien Alltag wiederfindet. Und bis es so weit ist, gilt es noch etliche Verwerfungen auszugleichen. Zum Beispiel: In der Stadt Bern haben Betriebe mit knapp 50 000 Beschäftigten Kurzarbeit angemeldet. Eine von vier Stellen in der Stadt Bern ist damit von Kurzarbeit betroffen.
Wenn auch nur jeder Zehnte davon die Stelle verliert, haben wir in der Stadt Bern eine Arbeitslosenquote, die allenfalls mit den Krisenjahren in den 70er und 90er zu vergleichen ist. Vermutlich wird das Sozialsystem mit Arbeitslosengeld und Weiterbildungsangeboten den ökonomischen und fachlichen Teil des Problems auffangen können. Es bleibt aber die soziale Komponente, die nicht einfach gelöst werden kann. Es wird – so ist zu befürchten – für viele Menschen eine neue und unangenehme Erfahrung sein. Umso mehr als sie wie aus dem Nichts kommt und kein eigenes Verschulden zu erkennen ist.
Die Coronakrise ist eine epochale Verwerfung und als Stadt können wir nur einen kleinen Beitrag leisten. Doch dem dürfen wir uns nicht entziehen. Die SP verlangt deshalb mit einer dringlichen Motion die Einrichtung eines Coronafonds zur Abdeckung von Ausfällen und Verlusten von Selbstständigen und Mikrounternehmen.
Wir können uns zudem vorstellen, dass dieser Fonds sich auch auf Personen erstreckt, deren Kurzarbeitsentschädigung tiefer als das Existenzminimum ist. Angesichts beschränkter Finanzen haben wir kein unerschöpfliches Fülhorn. Aber wenn wir schon einigen hundert Menschen aus ihren Schwierigkeiten helfen können, ist das Geld sinnvoll angelegt – im Sinne einer Stadt, die niemanden zurück lässt.
Johannes Wartenweiler, Stadtrat
SP Bern-Nord