Im September 2016
Im Jahr 1980 bin ich in das Nordquartier umgezogen. Ich versuche darzustellen, was ich damals beobachtet hatte. Vielleicht ist es auch so, dass es mir erst heute im Rückblick auffällt. Ich habe damals kaum jemand gesehen, der sich auf einem Balkon aufhielt. In den privaten Gärten waren am Abend auch im Sommer selten Leute zu sehen, die noch zusammen sassen. Der Verkehr schien unbegrenzt zu wachsen. Etwa auf der Flurstrasse und der Allmendstrasse standen alle parkierten Autos zur Hälfte auf dem Trottoir. Auf der Kasernenwiese waren selten Privatpersonen zu sehen. Im Jahr 1980 gab es ander Herzogstrasse und an der Rodtmattstrasse noch keine öffentlichen Bäume. Velos auf privatem Areal sah man nur vereinzelt und Veloparkplätze im Strassenraum gab‘s nicht. VelofahrerInnen wirkten damals exotisch. Es gab wenige Restaurants, die Aussenbestuhlungen anboten.
Gegen das Verkehrswachstum der 80er Jahre gab es vehementen Widerstand, nicht zuletzt auch von SP-Seite. Gegen die damalige bürggerliche Mehrheit in Stadt- und Gemeinderat war wenig auszurichten. Es kam mir vor wie vor zwei Jahrhunderten in den USA: Die Indianer hatten gegen die Weissen keine Chance. Doch es kam anders: Die Motorisierung begann ab 1991 abzunehmen.
Dazu ein wenig Statistik zur Anzahl der Personenwagen (PW): Massgebend sind die Erhebungen des kantonalen Strassenverkehrsamts. Der Vorteil gegenüber den städt. Zahlen: Die Daten sind über die Postleitzahlkreise (PK) abrufbar, sie sind langfristig vergleichbar. Geschäftsfahrzeuge habe ich nicht miteinbezogen.
Im Jahr 1991 hatte die Anzahl PW in den PK 3013/3014 ein Maximum erreicht: 8‘055 PW‘s bei 25‘432 EinwohnerInnen (EW), was 0.317 PW/EW entspricht.
Im Jahr 2015 gab es noch 6‘746 PW‘s bei 25‘118 EW (0.269 PW/EW). Die Motorisierung hat also um 15% abgenommen.
Noch deutlicher wird das aus den Daten des Mikrozensus aus dem Jahr 2010: im Nordquartier (genauer: im Stadtteil 5) gab es schon damals 62.2 % autolose Haushalte. Die Autofreien haben seither eine satte Mehrheit.
Seit 1992 gibt es in der Stadt Bern eine RotGrünMitte-Mehrheit. Seither haben sich die am Anfang aufgezählten Defizite laufend vermindert, die Lebensqualität ist deutlich gestiegen. Ich behaupte nicht, dass dies nur eine Folge der neuen Mehrheit war. Es war auch die Bevvölkerung, die umgedacht hatte und in der Folge mehr und mehr linksgrün wählte. Würde ich in den Stadtrat gewählt, könnte ich mich dafür einsetzen, dass diese Erfolgsgeschichte fortgesetzt wird.
Wahlkampfblog von Res Hofmann, Grossrat