für alle statt für wenige

Die Post ist weg


Im September 2017

Die Poststelle Bern 25 Spitalacker Viktoriaplatz dämmert ihren letzten Tagen entgegen. Sie fällt wie zahlreiche andere Poststellen einer Kahlschlagaktion der Post zum Opfer.

Das Ziel des gelben Riesen: Bis 2020 soll es in der Schweiz noch 800 voll funktionsfähige Poststellen geben – und auch für diese gibt es keine langfristigen Garantien. Veränderte Kundenbedürfnisse und die Digitalisierung machten diesen Prozess notwendig, ist aus der Konzernzentrale im Wankdorf zu vernehmen. Gleichzeitig allerdings lagert die Post einen Teil der Dienstleistungen an sogenannte Postagenturen aus. Diese sind meistens in lokalen Läden untergebracht. Ihre Dienstleistungen sind bescheiden und das Personal wird auf dem tiefen Niveau des Detailhandels entlöhnt – und nicht nach dem Gesamtarbeitsvertrag der Post.

Wir tun uns schon seit vielen Jahren mit der Post schwer. Als sie aus dem engen Korsett eines Staatsbetriebes entlassen und in eine AG umgewandelt wurde, erhofften wir uns bei aller grundsätzlichen Skepsis bessere Angebote. Immerhin gehört die Post AG weiterhin dem Bund und ist dem Service public verpflichtet. Es kam anders: Eine neue Generation von Postchefs übernahm den Betrieb und trimmte ihn mit neuen Managementmethoden und Exceltabellen auf maximalen Profit.

Der Bund schaute dieser Entwicklung tatenlos zu – die Gesetzgebung blieb lasch. Die Post schloss seit 2001 fast 2000 Poststellen. Das war vielleicht gut für ihre Rechnung. Mit dem Rückzug aus der Fläche war allerdings auch ein Imageverlust verbunden.

Den Warnschuss von 2002 ignorierte der Bund und die Post. Damals verlangte eine Volksinitiative ein Ende der Poststellenschliessungen. Sie scheiterte äusserst knapp an der Urne. Die jüngste Abbau-Offensive hat die Politik aus dem Busch geklopft. Sie will das Laisser-faire von Bundesrat und Postspitze nicht mehr einfach hinnehmen. Die Anforderungen an die Post sollen erhöht werden. Immerhin kann sie sich weiterhin auf das Briefmonopol bis 50 Gramm stützen.

Für viele Poststellen in der Stadt wird es dann zu spät sein. Der Widerstand der Stadtregierung war bisher eher lahm. Es wird sich zeigen, ob der neue Gemeinderat schärfer gegen die Entscheide der Post vorgeht. Immerhin besteht die Möglichkeit, diese Entscheide vor der Aufsichtsbehörde anzufechten.

Es ist schade, dass die öffentliche Post den öffentlichen Auftrag nicht mehr so ernst nimmt wie früher. Für ein Unternehmen des Service public sollten andere Eckwerte gelten als in der Privatwirtschaft. Wir BürgerInnen dürfen von der Post gute Dienstleistungen und gute Arbeitsverhältnisse verlangen. Klar: Die Post muss ihre Kosten decken und ihre Investitionen finanzieren. Sie muss aber keinen grossen Gewinn machen zuhanden der Bundeskasse. Gute Dienstleistungen sind für uns alle Gewinn.

Johannes Wartenweiler, Grossratskandidat (neu) der SP Bern-Nord