Im Dezember 2015
Die letzte Beitragserhöhung für die AHV liegt 40 Jahre zurück. Dann kam die 2. Säule, die die Altersrenten individualisierte und an die Börse brachte. Die Versprechungen waren hoch. Heute zeigt sich, dass sie kaum zu halten sind. Seit der Bankenkrise 2008 stehen die Renten der 2. Säule unter Druck. Die tiefen Zinsen senken die Renditen und damit die Renten. Überall werden stillschweigend Rentenkürzungen und Beitragserhöhungen beschlossen. Die Leute machen die Faust im Sack.
Ungleich solider ist die AHV unterwegs. Sie sichert seit 1948 die Renten von Millionen von Menschen, die in der Schweiz gearbeitet haben. Klaglos hat sie die Tatsache verkraftet, dass inzwischen nicht mehr sechs arbeitende Menschen auf einen Rentner kommen, sondern nur noch drei Menschen. Sie zahlt mit einem Kapital von 45 Milliarden Franken pro Jahr Renten im ähnlichen Umfang wie die zweite Säule. Diese muss dafür allerdings auf ein Kapital von 800 Milliarden Franken zurückgreifen.
Kurz: Die AHV ist leistungsfähiger als die zweite Säule. Trotzdem besteht bei der AHV ein Nachholbedarf. Die Initiative AHVplus, die die Gewerkschaften und die SP 2010 gesammelt und eingereicht haben, verlangt 200 Franken AHV mehr pro Person und Monat. Damit soll der Rückstand verkleinert werden, den die Renten inzwischen gegen- über den Löhnen haben, und die Teuerung wenigstens teilweise angepasst werden. Die AHV ist für die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen und für viele Frauen, die zeitlebens nur Teilzeit gearbeitet haben, die wichtigste Einnahmequelle. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur im Verfassung verankerten Grundsatz einer Rente, die ein Alter in Würde ermöglicht.
Sie ist ein solidarisches Sozialwerk in einer zunehmend unsozialen und ungleichen Gesellschaft. Wir tun gut daran sie zu stärken – auch vor dem Hintergrund der aktuellen Rentendebatte, die mit Rentenalter 65 für die Frauen und einem massiv reduzierten Umwandlungssatz bei der zweiten Säule verschiedene Zumutungen vorschlägt. Natürlich heisst es von rechts, eine Rentenerhöhung wie von der Initiative AHVplus verlangt, sei nicht zu finanzieren und überfordere die Wirtschaft. Das ist Unsinn: um ganze 0,8 Prozent müssten die Lohnabzüge steigen, wenn die AHVplus-Initiative angenommen würde. Das ist ein verkraftbarer Beitrag, wenn es für alte Menschen einen würdigen Lebensabend bedeutet.
Johannes Wartenweiler, Sekretär Gewerkschaftsbund Kanton Bern, Stadtrat SP